Marienkapelle

Marienkapelle  am Harsumer Waldrand

Die Harsumer sind mit Recht stolz auf ihren Heimatwald, der bereits vor vielen Jahren unter Landschaftsschutz gestellt wurde. Am östlichen Waldrand, nahe dem Friedhof, befindet sich ein ganz besonderes Kleinod: die sogenannte „Marienkapelle“. Im Volksmund wird sie so genannt, obwohl sie eigentlich der heiligen Anna geweiht ist.

Die Kapelle wurde im Jahr 1856 auf Initiative des damaligen Pfarrers Anton Paasch erbaut und am 24. Oktober 1857 feierlich eingeweiht. Das schlichte Kirchlein aus roten Ziegelsteinen steht leicht erhöht vor der Kulisse des Waldes und bietet einen weiten Blick über die Harsumer Feldmark. Der Dachfirst wird von einem kleinen Dachreiter mit einem Glöckchen gekrönt.

Im Inneren der Kapelle befindet sich in einer großen Nische der Ostapsis eine eindrucksvolle Marienfigur mit goldener Krone. Am Sockel ist die Inschrift angebracht:

SPECULUM IUSTITIAE—SPES NOSTRA ET DULCEDO—SALVE“

(Du Spiegel der Gerechtigkeit, unsere Hoffnung und Süßigkeit, sei gegrüßt)

Diese Statue ist überlebensgroß und stammt aus dem Jahr 1726 – sie ist damit rund 130 Jahre älter als die Kapelle selbst. Geschaffen wurde sie auf Anregung von Johann Heinrich Cordes, Präfekt von Steuerwald und Pächter des bischöflichen Tafelgutes in Harsum. Ursprünglich sollte sie auf dem Harsumer Gerichtsplatz aufgestellt werden.

Der Legende nach versank das Fuhrwerk, das die Statue von Steuerwald nach Harsum brachte, am Waldrand im sumpfigen Boden. Selbst mit den stärksten Pferdegespannen konnte es nicht weiterbewegt werden. Die Menschen deuteten dies als Zeichen der Gottesmutter, dass sie an diesem Ort bleiben wolle. So wurde die Figur auf einem hohen Podest am Waldrand aufgestellt und diente fortan als Station bei Flurprozessionen. Ab 1755 wurden auch Dank- und Bittprozessionen eingeführt.

Rund um die Kapelle und entlang des Waldrandes standen einst Kreuzwegstationen aus Stein unter hohen Buchen und Eichen. Bis heute wird dort am Fest der Kreuzerhöhung die Kreuzwegandacht gehalten.

Während des Ersten Weltkriegs versammelten sich Harsumer Frauen regelmäßig vor der Kapelle, um für ihre Väter, Männer, Söhne und Verlobten zu beten. Nach Kriegsende wurde an der Frontseite ein Mosaik mit der Inschrift:

„REGINA PACIS ORA PRO NOBIS“

(Königin des Friedens bitte für uns)

angebracht. Der Innenraum wurde zum Gedenken an die 51 Gefallenen des Krieges gestaltet.

Auch im Zweiten Weltkrieg wurde die Kapelle wieder zum Ort des Gebets – trotz Widerstand der damaligen Machthaber. Täglich wurden Kerzen entzündet und gebetet.

Bis heute finden in den Sommermonaten regelmäßig Gottesdienste an der Kapelle statt – ein lebendiges Zeichen für gelebte Tradition und tiefen Glauben. Jeden Abend erleuchten zahlreiche gestiftete Kerzen die über 150 Jahre alte Waldkapelle und schaffen eine besondere Atmosphäre der Andacht und Besinnung.

Standbild der Gottesmutter Maria

Johann Heinrich Cordes, Amtmann des Fürstbischofs Clemens August, Herzog von Bayern (1700–1761), war Präfekt in Steuerwald und zugleich Pächter des bischöflichen Tafelgutes in Harsum. In dieser Funktion war er auch Vogt und Gerichtsherr über die Dorfbewohner.

Im Jahr 1726 ließ Cordes eine überlebensgroße Marienfigur aus Sandstein nach Harsum bringen. Vermutlich sollte sie an der Gerichtslinde aufgestellt werden – einem symbolträchtigen Ort für Rechtsprechung und Gemeinschaft.

Doch auf dem Weg von Hasede, über den alten Mühlenweg, blieb der Transport im sumpfigen Untergrund am Waldrand stecken. Selbst zehn kräftige Pferdegespanne aus Harsum konnten das schwere Standbild nicht mehr bewegen.

Nach einer alten Sage deuteten die Menschen dieses Ereignis als Zeichen der Gottesmutter: Sie wolle an diesem Ort verweilen. So wurde die Statue am Waldesrand aufgestellt – dort, wo sie bis heute steht und auf das Dorf zu ihren Füßen blickt.


  • „Die Verkündigung des Dogmas „Von der unbefleckten Empfängnis Mariens“ im Jahre 1854 verfasste der damalige Ortspfarrer Anton Paasch, über der Marien-Statue eine Kapelle errichten zu lassen. So bekam das vielbesuchte Standbild im Jahr 1857 ein „würdiges Dach“.

Diese Kapelle ist das einzige Denkmal im Bistum Hildesheim, das der „unbefleckten Empfängnis“ gewidmet ist.

Die gesamten Kostendes Bauwerks in Höhe von etwa 1.300 Reichstalern wurden von den Gläubigen aus Harsum aufgebracht.


„REGINA PACIS ORA 

PRO NOBIS“

(Königin des Friedens bitte für uns)








  • Die lateinischen Inschriften am Sockel lauten übersetzt:
DIESE STATUE LIESS ZUM ZEICHEN DER VEREHRUNG GEGENÜBER DER HEILIGSTEN JUNGFRAU MARIA DER PRÄFEKT VON STEUERWALD JOHANNES HEINRICH CORDES IM JAHRE 1726 ERRICHTEN
SPIEGEL DER GERECHTIGKEIT, UNSERE HOFFNUNG, SEI GEGRÜSST


Harsum, im Mai 2013 Ortsrat, Heimat-und Kulturverein, Heinrich-Freitag-Stiftung